DIE TODESQUALLE
ODER WER FLÜSTERT DER LÜGT I-IV
(The piece consists of three performances and one grand final, produced and played over the duration of one year)
INFO
BESETZUNG
DIE TODESQUALLE #1 – ERSTE STUDIE NACH GIACOMO PUCCINI
Das Gesicht, das Du siehst, ist nur eine Illusion. Turandot existiert nicht.
Der Tod ist rätselhaft, aber nicht privat. Der Tod ist politisch, findet Prinzessin Turandot und lässt ihre Heiratsanwärter eindrucksvoll hinrichten. Turandots Geste ist aber nicht bloß tyrannisch, sondern auch ein virtuoses Spiel um die Freiheit mit dem Versprechen, im Tod der eigenen Unterdrückung zu entkommen. Wenn man nur den eigenen Einsatz erraten könnte! Die Clowns warnen: Du kannst nichts gewinnen außer die eigene Auslöschung. Die Leute freuen sich schon auf Deine Hinrichtung.
HAUEN UND STECHEN hämmert die Arena zusammen und lässt die Spiele mit der ersten der drei Turandot-Performances beginnen – rien ne va plus!
DIE TODESQUALLE #2 – ZWEITE STUDIE NACH GIACOMO PUCCINI
Auch für den vertriebenen Prinzen war 2016 ein schlimmes Jahr. Verführt von der Schönheit der grausamen Prinzessin stellt er sich ihrer schrecklichen Prüfung: Ihre drei Rätsel konnte bis jetzt noch niemand lösen und alle ihrer Buhler fanden den Tod. Inmitten der rollenden Köpfe taumelt China zwischen Blutgier und Mitleid und auch für den Prinzen sind die Messer schon geschliffen.
Doch diesmal kommt alles anders. Mit seinem äußersten Wagnis blickt der Prinz einmal zu tief in den Brunnen der Welt, in das Labyrinth der Rätsel. Und plötzlich geht es nicht mehr um Leben und Tod, sondern um die Möglichkeit, die Karten neu zu mischen, die Ordnung des Schreckens für immer zu durchbrechen. Dieses Labyrinth lässt sich nicht allein, sondern nur im Duell durchschreiten, in einem bitteren und erotischen Kampf.
Das Musiktheaterkollektiv HAUEN•UND•STECHEN wagt sich mit dem zweiten Teil von Die Todesqualle oder wer flüstert, der lügt noch etwas weiter vor in die Matrix der Rätsel und öffnet die Tore zu den größten Geheimnissen. Hier hält niemand mehr ein liberales Nickerchen!
DIE TODESQUALLE #3 – DRITTE STUDIE NACH GIACOMO PUCCINI
Der Prinz hat für die Freiheit alles riskiert. Er verließ seine Familie, spielte um sein Leben und vergaß dabei seinen Namen. Auch die Prinzessin setzte alles auf eine Karte und verlor. Was bleibt nun, wenn alle Brücken verbrannt sind? Es ist der Nullpunkt und das Paradies. Auf den Dächern des Palastes stehen sie sich nun nackt gegenüber. Hier ist die Luft dünn und die Stille droht, das Trommelfell zum Zerplatzen zu bringen. Ist das Liebe?
Unbeirrt wohnen HAUEN•UND•STECHEN im dritten Teil von Die Todesqualle oder wer flüstert, der lügt einer magischen Begegnung bei, die sie selbst angezettelt haben. Wie gut, dass das Volk zuschaut und wir laut streiten können – über den Mythos des Schreis und das Schweigen der Natur.
CAZZA RAGAZZA: DIE TODESQUALLE #4 – PUCCINIS LETZTES LIED
Ich liebe Autos!
G. Puccini
Puccini war sehr berühmt. Wir kannten ihn. Schöne Frauen, schnelle Autos und große Immobilien. Italienisch, viril, melancholisch. Dabei ist die nervöse Melancholie Puccinis mehr als Lifestyle. Sein Spiel mit den Gefühlen wird zur Raserei. Weder ein Autounfall noch der Kehlkopfkrebs konnten ihn kaltmachen, aber der gähnende Abgrund des Seins strahlt metallisch und radioaktiv auf seinen kranken Körper und weg ist Giacomo, als wäre er nie da gewesen.
Mit einem Fuß in der Moderne und mit der ganzen Familie im konservativen Italien des 19. Jahrhunderts komponiert Puccini das Gefühl, das über die Logik siegt. Die emotionale Mobilisierung wird zur Hauptsache. Während der Strippenzieher am Martini nippt und Enten jagt, erweist sich die Geschichte wieder mal als der größere Maestro: Die Sentimentalitätsmaschine kann nicht mehr aufgehalten werden. Massen berühren kann auch bedeuten, Massen zu bewegen. Romantik und Gewalt verschmelzen und bürgerlich gezähmte Katharsis schwenkt um in Populismus und Ressentiment. Mussolini ist auch im Publikum. Gestern applaudierte er noch als Sozialist und heute ist er schon Faschist.
Mit der großen Abschlussinszenierung der Serie Die Todesqualle zeigt Hauen-und-Stechen ein theatrales Biopic der Superlative. Cazza Ragazza ist Verzweiflung, Liebe und Eifersucht – eine Oper, in der das Werk Puccinis und die Regebogenpresse Auskunft über sein bewegtes Leben geben. Ein Jahrhundert später, in einer Zeit der Verdichtung, in der emanzipatorische und totalitäre Bewegungen erneut diffuse Allianzen bilden, schlagen wir die Manipulation mit ihren eigenen Waffen. Spekulation ist dabei alles und wer sich nicht anschnallt, wird zu Staub.
Die Damen und Herren von „Hauen und Stechen“ sind das Intelligenteste, auch Lustigste, was der Off-Szene seit langem passiert ist.
(Kai Luehrs-Kaiser, tip Berlin vom 09.03.2017)
Eine Produktion des Musiktheaterkollektivs HAUEN•UND•STECHEN in Koproduktion mit SOPHIENSÆLE. Gefördert im Fonds Doppelpass der Kulturstiftung des Bundes. medienpartner: taz.die tageszeitung
DIE TODESQUALLE #1
KONZEPT Musiktheaterkollektiv HAUEN UND STECHEN REGIE Franziska Kronfoth, Julia Lwowski BÜHNE Christina Schmitt KOSTÜME Günter Lemke DRAMATURGIE Maria Buzhor, Johanna Ziemer MUSIKALISCHE LEITUNG Roman Lemberg SCHLAGZEUG Hauke Renken SCHAUSPIEL Toni Jessen, Gina-Lisa Maiwald BARITON David Ristau PERFORMANCE Maria Buzhor, Franziska Kronfoth DRAMATURGIEASSISTENZ Wieland Lemke BÜHNENBILDASSISTENZ Jana Donis
KONZEPT Franziska Kronfoth, Julia Lwowski, Roman Lemberg, Maria Buzhor REGIE Franziska Kronfoth MUSIKALISCHE LEITUNG, KLAVIER Roman Lemberg KOMPOSITION, VIOLA Louis Bona CELLOJoseph Bona DRAMATURGIE Maria Buzhor BÜHNENBILD Hsuan Huang KOSTÜM Lea Søvsø VIDEOS Martin Mallon MASKE Valeria Popov SCHAUSPIEL Recardo Koppe, Gina-Lisa Maiwald SOPRAN Vera Maria Kremers MUSIK Joseph Bona, Louis Bona PERFORMANCE Julia Lwowski REGIEASSISTENZ Wieland Lemke BÜHNENBILDASSISTENZ Sanghwa Park DOKUMENTATION FOTO Ioni Laibarös
SCREENSHOTS
BÜHNENFOTOS
© Thilo Mössner